[un]erwartet.Die Kunst des Zufalls

Neben Wiederholungen und Variationen spielt bei der Computerkunst der Zufall eine große Rolle. Es ist deshalb kein Zufall (ähem!), dass in der Ausstellung [un]erwartet.Die Kunst des Zufalls im Kunstmuseum Stuttgart (noch zu sehen bis 19.02.2017) ihr mehr als ein eigener Raum gewidmet ist. Werke der Pioniere Nees, Nake, Mohr, Molnar oder von Graevenitz sind vertreten. Ihre große Nähe zur konkreten Kunst belegen die gezeigten Arbeiten von Morellet, Lacroix oder Sýkora.

Die Ausstellung geht über die reine Präsentation von Beispielen hinaus und versucht den Zufall als grenzüberschreitendes Phänomen (Naturwissenschaften und bildende Kunst, Mathematik und Philosophie) zu erfassen. Diese mehrperspektivische Sicht wird in dem gelungenen Ausstellungskatalog in kenntnisreichen Beiträgen aufgespannt. Dessen Lektüre würde ich als Vorbereitung eines Besuchs und/oder die Teilnahme an einer Führung dringend empfehlen. Ohne die Hintergrundinformationen sind die Schwerpunkte und Bezüge zwischen den Ausstellungsräumen nur schwer zu erschließen. Das wäre schade, denn insgesamt ist es den Kuratoren gelungen, einen Bogen von den Anfängen in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts bis in die Gegenwart zu schlagen.
Ein besonderer Überraschungsmoment waren für mich die Originalbilder von Georg Nees. Sie haben nur etwa A4-Format (es gibt davon aber wohl auch großformatigere Drucke). Meine eigene Hommage à Nees: Schotter hatte ich im A1-Format ausgedruckt. Das gefällt mehr sehr, aber allein dadurch ist es schon ein anderes Bild, wie mir der Vergleich nun gezeigt hat.

Leider etwas versteckt im hintersten Raum des Kunstmuseums und getrennt von der Ausstellung ist ein Versuchslabor, entwickelt von Physikern, dem Mathematiker Dietmar Guderian und Kunstvermittlern. Noch mehr als bei der Ausstellung gilt hier, dass unbedingt eine Einführung im Rahmen von Vorträgen wahrgenommen werden sollte. Ohne Vorkenntnisse bleibt sonst wohl nur ein Herumspielen an den Exponaten ohne Erkenntnisgewinn.

Wer in nächster Zeit nach Stuttgart kommt, sollte jedenfalls die Gelegenheit nutzen, die Ausstellung zu besuchen. Es lohnt sich.