Vom 16.-18.10.2015 fand in der Tübinger Shedhalle das GENERATE! Festival für elektronische Künste statt. Zum umfangreichen Programm gehörten eine Ausstellung, Performances, Videoloops, Vorträge und Workshops. Aus über 240 internationalen Einreichungen wurde auch mein Beitrag Recoding & Remixing early Computerart ausgewählt. Dass ich etwas zum Review einreichen musste, kam mir vor, wie früher bei meinen Papern für wissenschaftliche Tagungen … und war für mich in meiner heutigen Rolle als Kulturschaffender eine ganz neue Erfahrung. Da mein Exponat neben Bildern (vgl. auch Künstliche Kunst) auch interaktive Animationen beinhaltete, bei denen die Betrachter bzw. Nutzer immer ein wenig Anleitung brauchten, habe ich relativ viel Zeit in der Ausstellung verbracht. Das bot Gelegenheit, die Exponate und etliche Performances auf mich wirken zu lassen.
Die von einfachen bis zu ziemlich komplizierten Aufbauten reichenden Installationen lassen sich in ihrer Unterschiedlichkeit nur schwer beschreiben. Weil es mich entfernt an meine Hommage à Hugonin erinnerte, muss ich where x and y erwähnen. Liliane Faber hat aus Filmtrailern Pixel entnommen, vergrößert und auf einem Raster platziert. Resultat ist ein Meta-Trailer mit pulsierenden Pixelmustern. Die riesige Projektion hat mich sehr beeindruckt.
Optisch krasses Gegenteil war OHP IV. Da bestücken Claus Bauder und Daniele Bevilaqua drei Overheadprojektoren mit handbemalten 20m-Transparenzfolien und machen daraus eine großflächige kinetische Lichtinstallation, die mit den hohen Wänden der Shedhalle einen idealen (Ab-)spielraum gefunden hat.
Dass auch kleine, fast unscheinbare Objekte Denkanstöße liefern können, zeigte I am not available von Yvonne Klasen, bei der in Echtzeit zwei E-Mail-Accounts sich gegenseitig automatische Abwesenheitsmails zuschicken und das natürlich endlos …
Das Gleiche gilt für Partition von Malte Sänger, der uns mit Textfragmenten konfrontiert, die er von gelöschten bzw. formatierten Festplatten rekonstruiert hat. Skurril bis erschreckend.
Es gibt ein kurzes Video das einen Eindruck von der Ausstellung gibt.
Zur jeweils vollen Stunde wurden Performances der Klangkünstler mit experimenteller elektronischer Musik und visuelllen Effekten geboten. Ich muss gestehen, dass für mich der technische Aufwand, der dafür getrieben wurde, doch in manchmal fragwürdigem Gegensatz zum akustischen Erlebnis stand. Vieles verschwamm für mich zu fast austauschbaren und immer SEHR LAUTEN Klangteppichen.
Beim Aufbau hatte ich schon befürchtet, mit meinem kleinen Exponat und seinen puristischen Grafiken der frühen Computerkunst nicht ganz neben die oft aufwändigen Installationen zu passen. Das war aber unbegründet. Besonderen Zuspruch fand meine Hommage à Morellet, bei der die Besucher ihren eigenen Text (mit mindestens 49 Zeichen) eingeben konnten und dieser dann umcodiert und als Grafik ausgegeben wurde. So konnte jeder seine ganz individuelle Hommage anfertigen und als Photo auf dem Smartphone mitnehmen.
Ich habe dabei und darüber viele anregende Gespräche führen und dabei ein bisschen die Idee verbreiten können, dass mit heute verfügbaren niedrigschwelligen Werkzeugen (bei mir prototypisch die visuelle Programmierumgebung Snap!) jeder seine eigene Medienkunst entwickeln kann. Ganz im Sinne des Festivals, das mit dem Motto angetreten ist, besonderes Augenmerk auf Arbeiten zu legen, die generativen Entstehungsprozessen oder algorithmisch gesteuerten Outputs und den zugrunde liegenden Ideen gewidmet sind. Ich werde damit jedenfalls – neu inspiriert – weiter machen …